Eine Auszeit auf der Alm – Wie sieht der Arbeitsalltag aus?

Das wahre Leben beim Arbeiten auf der Almhütte.

Jeder, der Heidi* gesehen hat, weiß wie das idyllische, teilweise harte Leben auf einer Alm aussieht. Aber entspricht die Serie auch der Realität? Dazu habe ich Patricia befragt, die sich eine 4-monatige Auszeit auf einer Alm im Zillertal genommen hat. Sie berichtet über das Leben, die Arbeit und ihre Erfahrungen auf der Almhütte.

Patricia, wie bist du auf die Idee gekommen, dir eine Auszeit auf einer Alm zu nehmen?

Nach 4 ½ Monaten Backpacking in Asien und meiner Erfahrung in Nepal im Himalaya, verspürte ich den Wunsch nach einer weiteren Auszeit. Daraufhin kam ich auf die Idee, mir eine Auszeit auf der Alm* zu nehmen, um wie in Nepal zurück zum Wesentlichen und Ursprünglichen zu kommen und ohne Luxus den Tag zu verbringen.

In welcher Region wolltest du auf der Alm arbeiten?

Mein Kumpel hatte eine Hütte im Zillertal und daher fiel die Entscheidung fürs Zillertal* sehr schnell. Als ich auf einer Alm bei Gerlos genommen wurde und dort arbeiten konnte, wusste ich nicht, dass das Zillertal doch sehr weitläufig ist! Der Weg bis nach Gerlos dauerte noch eine halbe Stunde von Zell am Ziller und bei meiner Ankunft in der absoluten Nebensaison war der Ort wie ausgestorben. Ich fühlte mich wie in einem alten, schlechten Westernfilm. Alle Hotels und Ferienhäuser waren wie leergefegt.

Wie lange hat deine Auszeit auf der Alm gedauert?

Mitte Mai haben mich meine Eltern nach Gerlos gefahren und bis Anfang Oktober habe ich auf der Alm gearbeitet, also mehr als 4 Monate.

Auf welcher Alm hast du gearbeitet?

Ich habe auf der Krummbachrast, auf 1.480 m, gearbeitet. Die Alm ist für Wanderer nur zu Fuß zu erreichen und bietet keine Übernachtungsmöglichkeiten an, aber ist bewirtschaftet.

Zur Alm gehören auch viele Kühe und Hunde.

Welche Arbeiten hast du auf der Alm verrichtet?

Am Morgen die Kühe raustreiben, Frühstück machen für die Bauern und die Leute. Gaststube und Terrasse für den Tag vorbereiten, Besteck wickeln, Speisekarten vorbereiten, Kuchen rühren, Küchenhilfsarbeiten. Den Einkauf aufräumen, wenn Maria im Dorf war. Gekocht wird von Bäuerin Maria selbst. Den selbstgemachten Käse schneiden und vakuumieren, Speckbrotzeit herrichten. Im Dirndl die Gäste bedienen, Service, Ausschank, Bestellungen, Essen und Getränke zu den Tischen bringen, kassieren, Tische wischen, Plätze zuteilen.

Am Abend wieder alles aufräumen, wieder Besteck wickeln, Getränke einkühlen und die Kühe eintreiben.

Im August und im September wurde der selbstgemachte Käse auf dem Markt in Gerlos verkauft. Das war mir oft zu viel Trubel und ich wollte so schnell wie möglich wieder zurück zur Alm.

Wie sah dein typischer Arbeitstag auf der Alm aus?

Es gibt keine festen Arbeitszeiten auf der Alm. Wenn Gäste da sind, dann wird gearbeitet und wenn noch Essen da ist, dann wird es verkauft.

Wer kommt alles zum Essen auf die Alm?

Familien, einzelne Wanderer, Wandergruppen, es ist ganz gemischt. Manche haben low budget im Tal auf dem Campingplatz übernachtet, aber auch Leute aus dem 5 Sterne Hotel sind hochgewandert, alles querbeet.

Es läuft selten jemand weiter, da der Weg direkt an der Alm vorbei geht. Mindestens 95 % der Wanderer kehren ein.

Wie sind die Leute drauf, wenn sie ankommen?

Auf der Alm sind alle sehr entspannt, wenn sie dort ankommen. Sie sind nicht auf der Flucht wie oft im Restaurant. Jeder freut sich auf ein kühles Radler, weil er sportlich aktiv war. Die Leute bleiben mindestens eine Stunde sitzen im Durchschnitt, um sich noch auszuruhen. Meist sind die Leute erschöpft, aber sehr gut gelaunt. Die Hektik und der Stress des Alltags fallen ab, man nimmt sich Zeit auf der Alm.

Außerdem strahlen die Kühe mit ihren Glocken* eine Ruhe und Idylle aus, so dass man gerne sitzen bleibt.

Und wenn die Gäste weg waren?

Dann genießt man erstmal die Ruhe! Meistens bin ich mit einem Radler zum Bach und habe die Füße reinhängen lassen.

Abends sind wir gemütlich auf der Alm beisammen gesessen und haben geratscht, Fern gesehen, Sudoku oder Kreuzworträtsel gelöst. Bücher hatte ich auch dabei, aber Romane haben nicht zur Situation gepasst und daher habe ich nur eins gelesen. Aber oft habe ich einfach nichts getan und die Zeit genossen.

Auf der Alm gibt es kein WLAN und mein Handy hatte nicht immer Empfang, daher konnte ich mich komplett von der Außenwelt abgrenzen.

Ein passendes Buch für das einfache Leben auf der Alm: Auf der Alm – Vom Glück des einfachen Lebens: Sommer in den Bergen*

Welche besonderen Erlebnisse hattest du während deiner Auszeit auf der Alm?

Die Kühe sind im Sommer tagsüber auf der Hochalm. Durch die Kuhgasse habe ich mich am Anfang nicht getraut zu gehen. Man sieht ja nur die Hinterteile der Kühe. Ich habe nur gehört, dass ich mich nicht so anstellen soll: Wenn sich der Schwanz nach oben bewegt, dann musst Gas gehen oder stehen bleiben.

Im Sommer habe ich mal vier Tage am Stück Heu gerecht, nach dem Service bis um 11 Uhr nachts. Trotz Handschuhe hatte ich unendlich viele Blasen an den Händen. Aber es war sehr meditativ!

Im September ist eine Kuh verschwunden, wir haben sie überall gesucht und nicht mehr gefunden. Dazu kam noch ein Gewitter auf. Am nächsten Tag haben wir sie 30 Minuten entfernt auf der Hochalm gefunden. Gott sei Dank ist ihr nichts passiert!

Das Arbeiten mit den Tieren war auch sehr besonders für mich. Ich war sogar bei der Geburt eines Kalbes dabei und Hundewelpen sind geboren, während ich da war.

Hattest du Besuch auf der Alm?

In der Zeit hatte ich ca. 10x Besuch. Da ich kein Auto hatte, sind wir immer zu Fuß ins Dorf, das hat 45 Minuten gedauert.

Wie war der Abschied und was waren deine weiteren Pläne?

Ich bin mit einem lächelndem und einem weinendem Auge gegangen. Der Smalltalk und der lockere Umgang haben mir gut getan, alles war entspannt, man duzt sich auf der Alm.

Aber der Almsommer war jetzt auch vorbei. Der Almabtrieb war Ende September, dann wird es am Abend kühler und man wird saisonmüde. Ich war auch froh, wieder meine Familie und meine Freunde zu sehen, der enge Kontakt hat einfach doch gefehlt.

Ich wusste zuerst nicht wie es weitergehen soll. Ins Büro wollte ich auf keinen Fall zurück, das konnte ich mir absolut nicht vorstellen.

Ich habe mitbekommen, dass für eine neue Après-Ski Bar Mitarbeiter gesucht werden für den Winter. Deswegen bin ich zur Skisaison wieder ins Zillertal, aber diesmal weit entfernt von Ruhe und Stille.

Würdest du wieder auf eine Alm gehen?

Ja, auf jeden Fall! Am liebsten würde ich selber eine Alm führen.

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Für wen ist eine Auszeit auf der Alm geeignet?

Für alle kontaktfreudigen Natur- und Bergbegeisterten, die gerne Smalltalk machen und mit sich selbst im Reinen und zufrieden sind. Auf der Alm wird ein offenes Wesen und gute Laune vorausgesetzt. Die Gäste fragen auch nach den Wanderrouten*, daher muss man sich schon auskennen und auch selber wandern gehen.

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Das einfache Leben muss einem Spaß machen und dass man nie alleine ist. Wir haben uns z. B. zu acht ein Bad geteilt. Und man geht nicht einfach so einkaufen. Nur einmal pro Woche ist Maria einkaufen gefahren. Da muss man sich schon gut überlegen, was man will und braucht. Wenn die begehrte Nussschokolade nach drei Tagen leer war, dann war es halt so. Man lebt einfach anders und das prägt einem ein Leben lang!

Praktisch ist auch, dass man sich nie über Klamotten Gedanken machen muss. Ich hatte vier Dirndl*, ein paar Blusen und eine Lederhose, der Rest waren Freizeitklamotten.

Und natürlich muss man frei und unabhängig sein, um vier Monate auf eine Alm zu gehen. Ich war die ganze Zeit nicht daheim, nicht mal für die Hochzeit von Freunden. Ich habe es auch so genossen und wollte die Ruhe und Idylle nicht unterbrechen. Das Leben kann so schön sein!

Liebe Patricia, vielen Dank für das Interview und die detaillierten Einblicke in das Leben auf der Alm!

Weitere Möglichkeiten einer Auszeit

Es gibt sehr viele Möglichkeiten, sich eine Auszeit vom Alltag zu nehmen: Einige Nächte im Kloster, eine Auszeit ganz für mich allein – Mama macht Urlaub oder Kameltrekking in der Wüste.

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